Agnes Krumwiede
Kunst und Politik
03.11.2018

Kundgebung gegen die revisionistische ZFI ("zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt"

Liebe Freundinnen und Freunde,
Der Donaukurier hat nachgefragt, warum die Stadt einer Vermietung der Volkshochschule an die ZFI immer wieder zustimmt.  Kulturreferent Gabriel Engert antwortete: Er sei „selber nicht glücklich“ mit der Situation. Und beruft sich auf die Verpflichtung, städtische Räume zu vermieten.
Es gibt Beispiele wie in Nürnberg, wo die Stadt lieber ein Verfahren riskierte, als der AfD ein Podium zu bieten. Eine Vermietung in Ausnahmefällen nicht zuzulassen, ist eine Frage der Haltung. Bei uns in Ingolstadt bekommt  ein CSU-kritischer Komponist – Zitat: „aus politischen Gründen“  eine Absage für sein Konzert im Münster, nicht aber die revisionistische ZFI für ihre Tagung in einem städtischen Gebäude.
Das muss man sich mal vorstellen!
Aber Gabriel Engert muss nicht mehr lange unglücklich sein, denn die Grüne Stadtratsfraktion hat einen Antrag gestellt mit einer „Extremismusklausel“ - analog zu anderen bayerischen Städten, wo es das schon gibt.
Das würde u.a. beinhalten, dass öffentliche Räume in Ingolstadt zukünftig eben nicht mehr an Geschichtsrevisionisten vermietet werden dürfen. Über den Antrag wird im Dezember im Stadtrat entschieden.

Unter den Referenten der ZFI-Tagung heute ist Oberst a.D. Klaus Hammel. Einer der bekanntesten extrem rechten und revisionistischen Publizisten. Mit direktem Bezug zu Ingolstadt: Er ist der zweite Vorsitzende des Vereins "Freunde des Bayerischen Armeemuseums". Im vergangenen Jahre sorgte dieser Verein für überregionale Schlagzeilen. Auf der Internetseite waren revisionistische und rechtsextreme Texte veröffentlicht worden. Seitdem ist die Seite nur noch für registrierte Mitglieder  zugänglich. Gemeinsam mit Rainer Thesen – zu dem ich gleich noch komme- hat Klaus Hammel 2016 ein Buch herausgegeben. Unter dem Titel „die ungleiche Ahndung von Kriegsverbrechen“. Unter anderem wird darin Nachkriegs-Deutschland als Opfer einer Siegerjustiz dargestellt und es werden juristische Fehler bei den Nürnberger Prozessen thematisiert. Ein beliebtes Thema von Revisionisten. Natürlich kann man juristische Fehler bei den Nürnberger Prozessen thematisieren. Die Frage ist nur: Warum? Warum will das jemand? Das können nur Leute wollen, die ein Interesse haben, die Geschichte umzuschreiben. Sie wollen Täter zu Opfer machen. Ihr Interesse ist es, unsere Demokratie zu gefährden. Darum geht es und um nichts anderes. Nein, ich glaube nicht an einen Neustart des Vereins der Freunde des Armeemuseums. Solange dort einschlägig rechte Publizisten wie Klaus Hammel weiterhin im Vorstand aktiv sind, ist das gar nicht möglich.


Der Titel des Vortrages von Rainer Thesen heute bei der ZFI lautet: „Er hätte den Befehl doch verweigern können. Legende und Wirklichkeit der Befehlsunterworfenheit der Soldaten der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg".
In einem Aufsatz mit dem Titel "Erschießungen von … Zivilpersonen im II. Weltkrieg" 1 rechtfertigt der Jurist Rainer Thesen Gräueltaten der Wehrmacht mit damals geltendem deutschen Recht. Dass es auch damals geltende Normen des Kriegsvölkerrechts gab, denen Hitler-Deutschland ausdrücklich zugestimmt hat, ignoriert Rainer Thesen. Immer wieder haben sich angeklagte NS-Verbrecher vor Gericht auf den sogenannten Befehlsnotstand berufen. Sie behaupteten, hätten sie den Befehl, Zivilisten zu ermorden, missachtet, wären sie selbst erschossen worden. Tausende Verteidiger haben in zehntausenden Ermittlungs- und Strafverfahren nicht einen einzigen konkreten Fall für einen solchen Befehlsnotstand anführen können.
Im Gegenteil: Es ist belegt, dass Vorgesetzte ihren Männern die Wahl ließen, sich an Massenmorden zu beteiligen. Ehemaliger Wehrmachtssoldaten, die solche Befehle verweigert haben, berichten2 dass sie eine Rüge bekamen. Einige hatten das Gefühl, sie wären bei einer Beförderung übergangen worden oder bekamen weniger Freizeit. Das war der Preis, den man dafür zahlen musste, nicht täglich Frauen und Kinder zu erschießen.
Zu diesem Kapitel deutscher Geschichte gibt es keine alternative Wahrheit. Rainer Thesen muss das wissen. Schließlich war er ein Verteidiger von Josef S., ehemaliger Leutnant der Wehrmacht. Thesens Mandant, Josef S. wurde 2008 schuldig gesprochenen wegen zehnfachen Mordes und versuchten Mordes an Zivilisten am Ende des zweiten Weltkriegs.  


Rainer Thesen betreibt einen Blog, wo er seine rechte Weltanschauung  verbreitet. Ich zitiere aus einem aktuellen Artikel vom September: „Die Tragik unseres Landes könnte darin bestehen, daß die ehemals bürgerlichen Kräfte in ihrer Verblendung, was die halluzinierte Gefahr einer braunen Diktatur angeht, gar nicht erkennen, daß sie dabei sind, der tatsächlichen linken Minderheit eine Mehrheit zu verschaffen, in der sie jedoch über kurz oder lang aufgesogen werden. Kluge und vorausschauende Politik indessen sollte erkennen, wo auf Dauer strategische Mehrheiten organisiert werden können, ja müssen. Und das ist rechts von der Mitte und endet erst an dem rechten Rand, hinter dem die Verfassungsfeindlichkeit beginnt. Davon ist in den deutschen Parlamenten auch nicht im Ansatz etwas zu erkennen.“
Offenbar ist Herrn Thesen die AfD nicht rechts genug. Und offensichtlich hat er einiges verpasst.
Seit diesem Sommer tut sich was in unserem Land.  Keine Minderheit, sondern ein großer Teil unserer Zivilgesellschaft im gesamten Bundesgebiet bekennt Farbe. Zehntausende  gingen in den letzten Monaten auf die Straßen und setzten sich gegen den Rechtsruck zur Wehr. Ein klares Signal auch an den geistigen Brandstifter Horst Seehofer: Wer keine klare Kante zeigt gegen Rechts, stärkt die Rechten und kassiert dafür die Quittung. Wie bei den letzten Landtagswahlen in Bayern und in Hessen.
Ich bin überzeugt: Wir sind mehr! Wir stehen für eine offene Gesellschaft und eine lebendige Erinnerungskultur ohne Geschichtsverklärung. Dieser ewig gestrige Herrenclub der ZFI,das ist die Vergangenheit. Wir sind die Zukunft! Der Holocaust-Überlebende Primo Levi hat gesagt: „Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen“. Nur durch das Gedenken an die Opfer von Faschismus, die ungeschönte Erinnerung an die NS-Verbrechen hat unsere Demokratie eine Chance. Wir wissen das und deshalb stehen wir hier.

 

Quellenangaben:
1 Rainer Thesen: Aufsatz für die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik mit dem Titel: „Erschießungen von Geiseln, Sühnegefangenen und sonstigen Zivilpersonen im II. Weltkrieg"
2 Der oskarprämierte Dokumentarfilmer Stefan Ruzowitzky beschäftigte sich in seinem Film „Das radikal Böse“ mit der Perspektive von NS-Tätern. Auch aus den Reihen der Wehrmacht. In einem Interview fasste er die Aussagen ehemaliger Wehrmachtssoldaten zusammen, die Befehle verweigert hatten: „Man musste nicht an den Erschießungen teilnehmen. Das ist womöglich der schrecklichste Teil dieser Geschichte: Die Verweigerer berichteten, dass sie eine Rüge bekamen, und einer hatte das Gefühl, er wäre bei einer Beförderung übergangen worden oder bekam weniger Freizeit. Das war der Preis, den man dafür zahlen musste, nicht täglich Frauen und Kinder zu erschießen. Das ist nicht mehr fassbar.“

 

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