Agnes Krumwiede
Kunst und Politik

Kundgebung des Aktionsbündnisses "Ingolstadt ist bunt" gegen die ZFI

Die revisionistische Zeitgeschichtliche Forschungsstelle wurde 1981 unter anderem von Dr Alfred Schickel gegründet. Er publizierte in zahlreichen rechtsextremen Zeitschriften. Vor 25 Jahren war Herr Schickel mein Geschichtslehrer am Gnadenthal-Gymnasium. Der Holocaust wurde in seinem Unterricht nicht behandelt. Nur ein einziges Mal hat er den systematischen Massenmord durch die Nazis erwähnt-mit den Worten: „Es waren viel weniger als 6 Millionen Juden.“
Daran kann mich noch sehr genau daran erinnern. Ich war empört und habe ihn gefragt: „Und wenn es weniger waren als 6 Millionen, war der Holocaust dann weniger schrecklich?“ Die Ermordung von 500 T Sinti und Roma hat Schickel in einem 1981 erschienenen Artikel als „Zahlenfiktion“ bezeichnet. 1997 wurde er in einem Verfassungsschutzbericht erwähnt - im Zusammenhang mit Holocaust-Leugnern. Am Gnadenthal-Gymnasium unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung.

Dr Schickel ist tot, aber sein geistiges Erbe lebt weiter. An unserer Volkshochschule, einer Bildungseinrichtung der Stadt Ingolstadt, tagt heute wieder einmal die ZFI. Und die Stadt lässt das erneut zu - trotz zahlreicher Proteste in den letzten Jahrzehnten. Einer der Referenten der heutigen ZFI-Tagung ist der Rechtsanwalt Rainer Thesen. Er wird einen Vortrag halten über den Inhalt seines Buches: „Keine Sternstunde des Rechts-Die Nürnberger Prozesse“. Einer seiner Vorwürfe lautet: Die Nürnberger Prozesse hätten in der Folgezeit keine Kriege erschwert oder verhindert. Wer die Nürnberger Prozesse in Frage stellt, weil dadurch keine Kriege verhindert wurden, pfeift auf unseren Rechtsstaat. „Niemand darf davon kommen!“ auf diesem rechtsstaatlichen Prinzip basierten die Nürnberger Prozesse! Täter bleiben Täter, unabhängig davon, ob ihre Bestrafung Kriege verhindert! Ein Blick auf seine Website zeigt, dass Rainer Thesen – wie viele Anhänger rechter Parteien – auch eine Abneigung hat gegen alle modernen Frauen. Anlässlich des Hashtags #MeToo, über den momentan zahllose Frauen sexuelle Belästigung anprangern, schreibt er: „Sollen sich doch die Holden in Burka oder Niqab hüllen. Dann laufen sie garantiert nicht mehr Gefahr, lüsterne Blicke ertragen zu müssen oder gar sexistische Sprüche anhören zu müssen.“

Auch der AfD-Politiker Stefan Scheil darf heute seine verschrobene Weltanschauung in unserer Volkshochschule verbreiten. Auch er gilt unter seinen Kollegen in der Wissenschaft als „Revisionist". Solche gibt es nicht nur in den Reihen der AfD. Ein weiterer Referent ist Mitglied der CDU, Dr. Albrecht Jebens war Vorstandsmitglied der rechtsextremen „Gesellschaft für Freie Publizistik". Dem Verfassungsschutz ist dieser Verein bestens bekannt – durch Hetze gegen Juden und Verharmlosung des Holocaust. Mit dieser Auflistung könnten wir endlos weitermachen. In den Reihen der ZFI wimmelt es von Hobby-Historikern und Juristen mit einer Nähe zu rechten Burschenschaften, rechtsextremen Organisationen und Verlagen. Bei der ZFI handelt es sich um einen Altherrenclub mit dem Ziel, NS-Verbrechen zu verharmlosen. Alles unter dem Deckmantel der Wissenschaft und Forschung. Aber ein Doktortitel und ein Jurastudium schützen nicht vor ideologischer Verblendung. Einige dieser ewig Gestrigen fühlen sich zu wenig respektiert in ihrer Opferrolle als Vertriebene. Das kompensieren sie mit einer Relativierung von Nazi-Verbrechen. Aber verletzte Gefühle sind keine Basis für seriöse Forschung und Wissenschaft. Opfer dürfen nicht gegen Opfer ausgespielt werden.

Zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg sitzt eine Partei rechts neben der CSU im Bundestag. Eine Partei, die in unserer Stadt ihr bestes Ergebnis in Bayern einfahren konnte. Ingolstadt kommt nicht aus den Schlagzeilen, was Skandale um rechte Gesinnungen betrifft. In Zeiten wie diesen ist es erst recht unverzeihlich, dass die Stadt Ingolstadt der ZFI ein Podium bietet für ihre revisionistischen Thesen. Die Doppelmoral der CSU-Stadtregierung hat Methode: Nach links wird gejammert „Wir wollen die doch hier auch nicht“ und nach rechts wird abgenickt und öffentlicher Raum zur Verfügung gestellt für rechtsextremes Gedankengut. Eine Stadtregierung, die keine klare Kante zeigt gegen Rechts, stärkt die Rechten. Der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer hat gesagt: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht. Dafür schon.“ Wir werden nicht zulassen, dass sich Revisionisten und rechte Parteien wohl fühlen in Ingolstadt

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