Agnes Krumwiede
Kunst und Politik

"An Dreistigkeit nicht zu überbieten"

Die geschichtsrevisionistische ZFI tagt am 9. November in öffentlichen Räumen der VHS Ingolstadt

Stellungnahme zum Leserbrief des ZFI-Vorsitzenden Gernot Facius
von Agnes Krumwiede, Vorsitzende des Bezirksverbandes Oberbayern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

In seinem Leserbrief „Agitprop-Manier der Grünen“ vom 22.10. reagiert der ZFI-Vorsitzende Gernot Facius auf die PM von Cemal Bozoglu, dem Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und mir, bzw. auf die Berichterstattung des Donaukuriers anlässlich der ZFI-Tagung am 9. November.

Der 9. November hat viele Bezüge in der deutschen Geschichte:
Die Revolution von 1918, der Mauerfall von 1989, die Reichspogromnacht, der Hitlerputsch 1923 und die Gründung der SS 1925 – all diese Ereignisse haben an einem 9. November stattgefunden. Eine Organisation wie die ZFI, die in der Vergangenheit wegen rechtsextremer Bestrebungen vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, ist in besonderer Erklärungsnot, wenn sie an eben jenem Datum eine Tagung mit Referenten aus dem rechtsextremen Milieu abhält. Angesichts eines so zwiespältig historisch behafteten Datums muss sich die geschichtsrevisionistische ZFI den Vorwurf gefallen lassen, mit der Wahl dieses Termins bewusst zu provozieren: Eine Tagung der ZFI in öffentlichen Räumen der Volkshochschule am Jahrestag der Reichspogromnacht ist ein Schlag ins Gesicht für unsere jüdischen MitbürgerInnen und Mitbürger. Ein unverzeihlicher Vorgang insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund des rechtsextremen Terroranschlags in Halle sowie dem wieder verstärkt auftretenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft.

Der ZFI-Vorsitzende behauptet in seinem Leserbrief außerdem, wir hätten ignoriert, dass mit Hans-Jörg Schmidt ein „angesehener“ Journalist Referent der Tagung sei.  Mit dieser Aussage unterschlägt Herr Facius bewusst die Zugehörigkeit weiterer Referenten derselben Tagung zum rechten bis rechtsextremen Lager: Bernd Kallina war Pressereferent der Jugendorganisation der NPD und versuchte 1995 in einem Beitrag für „Das Parlament“ den ehemaligen NSDAP-Funktionär Theodor Oberländer zu rehabilitieren. Kallina war vor kurzem als Referent bei der AfD und ist Mitglied der „pflichtschlagenden“ Burschenschaft Danubia, die vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird und innerhalb des Dachverbandes der Deutschen Burschenschaften zum rechten Rand gehört. Ein weiterer ZFI-Referent ist Konrad Löw, der mehrfach revisionistische Thesen zum Nationalsozialismus veröffentlicht hat und mit der Moon-Sekte sympathisiert. 2006 appellierte er in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, man möge das Einreiseverbot für Sektengründer Sun Myung Moon aufheben.

Im Hinblick auf diese und zahlreiche rechtsextreme Referenten vergangener Tagungen ist es eben nicht „ungerechtfertigt“, die ZFI in die Nähe des Rechtsradikalismus zu bringen - wie der ZFI-Vorsitzende in seinem Leserbrief schreibt. Im Gegenteil: Die ZFI trägt dazu bei, Geschichtsrevisionismus und rechtes Gedankengut in unserer Gesellschaft zu etablieren und bereitet somit einen ideologischen Nährboden für die AfD und andere rechtsextreme Parteien und Organisationen.

Übrigens: Die Familie meines Vaters ist aus der DDR geflohen und musste ihre Angehörigen, Freund*innen und ihren Grundbesitz zurücklassen. Mir persönlich zu unterstellen, der Jahrestag des Mauerfalls habe für mich keine große Bedeutung, bzw. ich sei nicht „in Frieden... mit der Wiedervereinigung“ wirkt allein schon angesichts meiner Familiengeschichte grotesk. Allerdings liegt mir der Gedanke fern, das DDR-Regime mit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft zu vergleichen, weil damit zwangsläufig eine Verharmlosung des Holocausts einher geht.
Gernot Facius profiliert sich in seinem Leserbrief als Antikommunist, nicht jedoch als Antifaschist.

Wie bereits in unserer PM fordere ich die Stadt Ingolstadt auf, den Mietvertrag mit der ZFI aufzulösen. Sollte die ZFI-Tagung am 9. November dennoch stattfinden, hoffe ich an diesem Tag auf zahlreiche Teilnehmer*innen bei der Kundgebung des Aktionsbündnisses „Ingolstadt ist bunt“ von 10-11 Uhr vor der Volkshochschule Ingolstadt, Hallstraße 5, 85049 Ingolstadt. Anschließend hat das Aktionsbündnis parallel zur Tagung der ZFI in der VHS eine Veranstaltung zum Geschichtsrevisionismus organisiert. Referent ist Lucius Teidelbaum.

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