Agnes Krumwiede
Kunst und Politik
05.06.2012 Kommentar zur GEMA-Tarifreform

„Wenn die Musik ausgeht, gehen auch bald die Lichter aus“

Seit Jahren steht die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfälti-gungsrechte (GEMA) unter der Kritik „mangelnde Transparenz auch im Hinblick auf einen un-durchsichtigen ,Tarifdschungel‘, zu hohe Gebühren, Probleme bei sozialkaritativen Veranstal-tungen und unverständliche Tarifmodi (nicht die tatsächliche Besucherzahl ist ausschlaggebend, sondern die Zahl potenzieller Besucher, die Platz in dem Veranstaltungsraum finden können)“ zu praktizieren, was bereits im Bericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ bemängelt wurde. Von vielen Seiten wurde der bisher elf Tarifkategorien umfassende Katalog als zu komp-liziert und intransparent kritisiert Grundsätzlich sind die Bestrebungen der GEMA, ihren Tarifka-talog zu vereinfachen, daher zu begrüßen. Die jetzt angekündigte Zusammenfassung auf zwei Tarife – für Livemusik und für Tonträger - verfehlt in ihrer  momentanen Gestaltung jedoch das Ziel einer gerechten und mit den Interessen von Veranstaltern vereinbaren Ausgewogenheit: Eine Vereinfachung des Tarifkatalogs darf letztendlich nicht zu einer drastischen Verknappung des Angebots von Abendveranstaltungen führen.
Die Umstrukturierungskriterien der GEMA belaufen sich auf Eintrittspreise und Raumgröße. Diese Indikatoren begünstigen zwar gemeinnützige und Veranstaltungen bis zu 8 EUR Eintritt pro Person, alle anderen Veranstalter müssten gravierende Mehrkosten in Kauf nehmen. Bei-spielsweise wäre die Mehrheit der Veranstalter gezwungen, nach fünf Stunden Musikeinspielun-gen 50 Prozent mehr als bisher zu bezahlen. Insbesondere seitens des Bundesverbandes der DE-HOGA (der deutsche Hotel- und Gaststättenverband) stehen die geplanten neuen GEMA-Tarife unter scharfer Kritik. Nach Berechnungsbeispielen des Bundesverbandes der DEHOGA drohten Diskotheken, Clubs und Musikkneipen Gebührenerhöhungen von 400 bis 2.000 Prozent. Verans-talter ab 200 qm Fläche wären zukünftig pauschal benachteiligt, weil die Besucherzahl als Krite-rium von der GEMA nicht berücksichtigt wird. Dies hätte existenzbedrohende Ausmaße für Dis-kotheken, Clubs und Veranstalter von Parties und Tanzfesten zur Folge: Musik – ob Live oder aus den Lautsprechern – ist der soziale und emotionale „Klebstoff“ jeglichen geselligen Beisam-menseins. Wenn die Musik ausgeht, gehen auch bald die Lichter aus.
Aufgrund der massiven Mehrkosten für Veranstalter durch die Umstrukturierungspläne der GE-MA wurde die Anrufung der Schiedsstelle notwendig, um Unverhältnismäßigkeiten auszuräu-men. Unserer Ansicht nach sollte in diesem Schiedsverfahren zur Tarifüberprüfung neu erwogen werden, inwiefern die  Raumgröße eines Veranstaltungsortes als Indikator für die tatsächliche Menge an Besuchern geeignet ist. Die Einladung der GEMA zu einem Runden Tisch zur öffentli-chen Diskussion  der Tarifveränderungen begrüßen wir als richtigen Schritt hin zu mehr Dialog.
Es ist Aufgabe der Bundesregierung, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde - dem Deutschen Patent- und Markenamt - darauf hin zu wirken, dass diese ihre Aufsichtsfunktion stärker wahr-nimmt, um zukünftig schon im Vorfeld solch abrupte Tariferhöhungen zu verhindern und für eine bessere Verständigung zwischen Verwertungsgesellschaften und Werknutzern zu sorgen. Die Grüne Bundestagsfraktion wird die Reformbemühungen der GEMA und anderer Verwertungsgesellschaften weiterhin konstruktiv kritisch begleiten.

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