Agnes Krumwiede
Kunst und Politik
12.03.2010 Kulturpolitik

Ausstellungsvergütung

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler bat um eine Stellungnahme zum Thema Ausstellungsvergütung:

KomponistInnen oder AutorInnen erhalten bei der Aufführung ihrer Werke Tantiemen, ReproduzentInnen – Musiker oder Schauspieler – eine Gage. Der bildenden Kunst jedoch wird das Stigma „Brotlose Kunst“ erhalten bleiben, wenn MalerInnen weiterhin in der Honorierung ihrer Arbeit schlechter gestellt werden als KollegInnen anderer Kultur-Bereiche. So niedrig das Entgelt der künstlerischen Wertschöpfung oder Wiedergabe in manchen Fällen auch sein mag, in der Bildenden Kunst ist die Lage augenscheinlich besonders ungerecht: Künstler können oftmals froh sein, wenn sie kostenlos ihre Werke ausstellen dürfen. Oft muss sogar die Saal-Miete aus eigener Tasche bezahlt werden. Für die Ausstellung ihrer Werke erhalten sie keinen Cent, finanziell beteiligt werden Künstler erst beim Verkauf eines Werkes. Kein professionell ausgebildeter Musiker wäre damit einverstanden, wenn er nach einem Konzert nur nach der Lautstärke der Applaudierenden seine Gage erhielte.

Wenn ein bildender Künstler keines seiner Werke einer Ausstellung verkaufen kann, geht er leer aus. Materialkosten in der Malerei oder Bildhauerei bleiben damit ungedeckt, ganz zu schweigen vom ausbleibenden Lohn für die Zeit und dem kreativen Input bei der Gestaltung eines Kunstwerkes.

In der Frage der Ausstellungsvergütung kommt es zu einem Interessenkonflikt zwischen Veranstaltern und Künstlern. Ausstellende Institutionen übernehmen die Kosten für Raum und Raumpflege und sind eine treibende Kraft gegen die Vergütung der Künstler. Andererseits gibt es den Missstand, dass ausstellende Institutionen durch die Einnahme von Eintrittsgeldern eher von einer Ausstellung profitieren können als die Urheber der ausgestellten Objekte selbst.

Bildende Künstlerinnen und Künstler müssen wie die UrheberInnen anderer Sparten an der Verwertung ihrer Werke beteiligt werden, damit sie neben dem Verkauf auch durch die Ausstellung eigener Werke in eine faire Wettbewerbssituation kommen.

Um dies zu verwirklichen, befürworten wir von Bündnis 90/Die Grünen die Einführung einer Ausstellungsvergütung. Vorausgesetzt, dass ein entsprechendes Konzept beide Positionen – die des Ausstellers und des Künstlers – gleichermaßen berücksichtigt. Wir beabsichtigen in dieser Legislaturperiode eine Überprüfung bestehender Konzepte mit dem Ziel einer parlamentarischen Initiative zur Einführung einer Ausstellungsvergütung.
Nur 10% aller Veranstalter sind reine Kunstmuseen. Von den anderen Ausstellern in Deutschland verlangen mehr als ein Drittel keinen Eintritt. Die Ausstellungsvergütung allein an Eintrittsgelder der Besucher zu koppeln, wäre zum Nachteil kleinerer öffentlicher Einrichtungen (Bibliotheken, Arztpraxen, Kneipenbesitzer, usw.) und junger, noch unbekannter Künstler. Ausstellende Institutionen dürfen bei einer Ausstellungsvergütung nicht derart belastet werden, dass junge und noch unbekannte Künstler aus dem Ausstellungsbetrieb verdrängt werden oder die Anzahl von Ausstellungen reduziert wird. Konstruktive Schritte in Richtung Ausstellungsvergütung sind eine differenzierte, gestaffelte Gebührenordnung für Werke in öffentlichen Einrichtungen. Außerdem sollten KSB und KSL für ihre Kunst-Ausstellungen eine Ausstellungsvergütung in ihre Förderrichtlinien aufnehmen.

Wir brauchen einen Bewusstseinswandel bei der Vermarktung Bildender Kunst. Veranstalter und Künstler müssen sich als gleichberechtigte Partner begreifen, das finanzielle Risiko einer Ausstellung muss auf beiden Seiten ausgewogen verteilt sein.

Auch die Kunstakademien sind in der Verantwortung, wenn es darum geht, die Bedingungen für ihre Absolventen auf dem „freien Markt“ zu verbessern: An Kunstakademien muss zukünftig ein größerer Schwerpunkt gesetzt werden auf Bildungsinhalte wie Selbstvermarktung und Selbstmanagement.

Gegner der Ausstellungsvergütung argumentieren, dass ein Künstler, dessen Werke sich nicht verkaufen lassen, auch keinen Anspruch auf Vergütung der Ausstellung haben kann. Die Anzahl der verkauften Bilder zu Lebzeiten eines Künstlers ist als Qualitäts-Kriterium unzureichend. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit von Angebot und Nachfrage hat die heute anerkanntesten Maler der vergangenen Jahrhunderte bereits am Hungertuch nagen lassen. Vincent van Gogh war nicht der einzige, der hoch verschuldet war, weil er nur wenige seiner Bilder verkaufen konnte. Es ist kein Mysterium sondern eine Tatsache, dass die Frage von „Kunst oder Schund“ in manchen Fällen erst nach dem Ableben des Künstlers, der „seiner Zeit voraus“ war, geklärt wurde. Die Kunstgeschichte zeigt uns: Qualität und Originalität konnten sich oft erst langfristig durchsetzen.

„Farbe ist der schnellste Weg zum Herzen“ sagt Jerry Zeniuk, Professor für Bildende Kunst an der Akademie der Künste in München. Wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass dieser Weg zu Lebzeiten der Farbenschöpfer nicht mehr brotlos beschritten werden muss!

Meinen Antrag "Für eine Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen bei durch den Bund geförderten Ausstellungen" finden Sie hier.

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