Agnes Krumwiede
Kunst und Politik
06.06.2013 Kommentar

Kommunikationschaos in Bayreuth: Wagner-Festspiele zukünftig ohne Bundesbeteiligung?

Ein Kommentar von Agnes Krumwiede MdB, Sprecherin für Kulturpolitik der Bundes-tagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Aktuellen Presseberichten zufolge plant der Freistaat Bayern, die Beteiligung des Bundes an den Bayreuther Festspielen zu kaufen. Bestätigt wurde diese Meldung durch die Bayerische Staatskanzlei jedoch nicht. Der Pressesprecher der Festspiele, Peter Emmerich, erfuhr von diesen Plänen aus der Zeitung, wie er gegenüber dem Nordbayerischen Kurier angab. Nach dem Organisationschaos bei den Bayreuther Festspielen scheint jetzt ein Kommunikationschaos den Himmel über dem Grünen Hügel zu verdüstern. Anlass für Spekulationen geben Aussagen von Toni Schmid, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Bayreuther Festspiele GmbH: „Ohne den Bund könne man den Betrieb der Bayreuther Festspiele sehr viel leichter manövrieren“, behauptete Toni Schmid  vor kurzem gegenüber dem Nordbayerischen Kurier. Zudem sei der Bund „nicht immer ein besonders zuverlässiger Partner gewesen“.

Nicht der Bund ist das Problem der Bayreuther Festspiele

Offensichtlich gibt es einige im Organisationsteam der Bayreuther Festspiele, die sich am liebsten der „Kontrolle“ des Bundes entziehen würden. Schließlich ist es dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu verdanken, dass auf Anregung von Bündnis 90/Die Grünen 2011 der Bundesrechnungshof eingeschaltet wurde, dessen Prüfung der Durchführung der Bayreuther Festspiele zu unangenehmen Ergebnissen gekommen ist. Unter anderem monierte der Bundesrechnungshof die hohen Kartenkontingente. Allein die „Gesellschaft der Freunde Bayreuths“ verfügt über 25 Prozent des Gesamtkartenkontingents. Auch der Bayerische Rechnungshof überprüfte daraufhin 2011 den Geschäftsbetrieb der Festspiele und stellte fest, dass in den Vorjahren weder ordnungsgemäße Jahresabschlussberichte vorgelegt noch die Sozialabgaben für Künstlerinnen und Künstler abgeführt wurden. Dass nun endlich eine kaufmännische Geschäftsführung eingesetzt wurde, ist dem Einfluss des Bundes zu verdanken, der als Mitförderer auch Mitgesellschafter der Bayreuther Festspiele GmbH ist. Wiederholt hat die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung auf die Notwendigkeit der Einstellung eines kaufmännischen Geschäftsführers in Bayreuth hingewiesen, um eklatante betriebswirtschaftliche Mängel bei der Durchführung der Festspiele zukünftig zu verhindern.

Diese Form der Einflussnahme seitens des Bundes auf geförderte Institutionen, Projektträger und Festivals ist mitnichten ein Zeichen von „Unzuverlässigkeit“ (wie Toni Schmid in seinem Statement bemängelte) sondern durchaus üblich: Es liegt in der Verantwortung der öffentlichen Hand, zu überprüfen, wie mit Steuergeldern verfahren wird und gegebenenfalls Verbesserungen anzumahnen. Nicht der Bund ist das Problem der Bayreuther Festspiele – wie Toni Schmid in seinem Statement unterstellte– sondern die Misswirtschaft und Schlamperei der Vergangenheit.

Bayerische Staatsfestspiele in Bayreuth?

Hauptanliegen von Bündnis 90/Die Grünen ist, dass das Chaos hinter den Kulissen der Bayreuther Festspiele ein Ende hat und mehr Menschen unserer Gesellschaft als bisher die Möglichkeit erhalten, an den Festspielen teilzuhaben. Mehrfach haben wir betont, dass uns ein ordnungsgemäßer Betrieb sehr am Herzen liegt. Um den Druck dahingehend zu erhöhen, haben wir in den vergangenen Haushaltsverhandlungen ein Aussetzen der Bundesförderung von jährlich 2,3 Mio. EUR gefordert. Ob eine verstetigte Förderung der Bayreuther Festspiele durch den Bund wirtschaftlich überhaupt gerechtfertigt ist, sei dahingestellt. Aber für jene Einzelpersonen, die nun für einen Ausstieg aus der Bundesförderung Stimmung machen, spielen wirtschaftliche Erwägungen scheinbar eine untergeordnete Rolle. Der den Pressestatements zu entnehmende Tenor lautet vielmehr: Der Bund war für uns in der Vergangenheit ein unbequemer Partner, deshalb wollen wir ihn loswerden. Die Bayreuther Festspiele sollen ohne unliebsame Störungen aus Berlin zu „Bayerischen Staatsfestspielen“ mutieren, denen kein „Spiel(e)verderber“ wie der Bundesrechnungshof mehr auf die Finger schaut.

Die Bayreuther Festspiele dürfen kein Wahlkampf-Spielball werden!

Nachdem die Besetzung des Berliner Kulturmanagers Heinz Dieter Sense als Leiter des kaufmännischen Bereichs Hoffnung machte auf eine Verbesserung für den Festspielbetrieb, lassen die Gerüchte um ein „Herauskomplimentieren“ des Bundespartners nichts Gutes erahnen. Die Bayreuther Festspiele dürfen nicht zum Spielball wahlkampftaktischen Kräftemessens werden. Es steht viel auf dem Spiel. Festspiel-Pressesprecher Peter Emmerich befürchtet, dass im weiteren Verlauf gegebenenfalls auch die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen am Festspielhaus ins Wanken geraten könnte. Ob der Freistaat Bayern finanziell in der Lage ist, diese Kosten allein zu stemmen ohne dabei andere Kulturinfrastrukturprojekte zu vernachlässigen, ist äußerst fraglich. Anstatt den Bundespartner zu vergraulen und sich im intransparenten „Hauruck-Verfahren“ von einer Bundesförderung zu verabschieden, sollten endlich die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um den Festspielbetrieb weiter zu professionalisieren: Eine seitens des Bundesrechnungshofes angemahnte Neustrukturierung des Kartenverkaufs gegen die ausufernden Kontingente ist nur halbherzig angegangen worden. Und auch die Durchführung einer Marktpreisstudie, wie vom Bundesrechnungshof gefordert, ist bisher noch nicht erfolgt. Sobald diese vorliegt sollte unter Einbeziehung aller dafür erforderlichen validen Daten gemeinsam mit allen an der Förderung der Bayreuther Festspiele Beteiligten und mit Herrn Sense erörtert werden, ob und in welcher Höhe eine jährliche Bundesförderung überhaupt notwendig ist und wie eine Zusammenarbeit mit dem Bund in Zukunft ausgestaltet werden kann.

Weitere Informationen und Initiativen von mir zum Thema sind hier zu finden.

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