Agnes Krumwiede
Kunst und Politik
30.01.2013

Kulturempfang der Grünen Bundestagsfraktion

Infrastukturen des Glücks

Liebe Gäste, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

ich freue mich sehr, Sie und euch begrüßen zu dürfen zu unserem Kulturempfang. Besonders freue ich mich, dass aus so vielen unterschiedlichen Kulturbereichen Gäste hier sind und auch aus vielen Bundesländern. Wie wichtig uns, der Grünen Bundestagsfraktion das Thema Kultur ist, erkennen Sie daran, dass unsere Spitzenleute heute Abend fast vollzählig anwesend sind, um sich später mit Ihnen an den Thementischen auszutauschen. Und auch viele unserer grünen Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker aus den Ländern sind da.

Infrastrukturen des Glücks, so der Titel unseres diesjährigen Kulturempfangs. Politik setzt die Rahmenbedingungen für die Entfaltung der kulturellen Infrastruktur. Dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern um Richtungsentscheidungen. Wenn wir über Kultur reden, geht esauch darum, wie unser Leben in Zukunft aussehen soll. Und dabei spielt Kultur eine elementare Rolle. Denn Kultur schafft Identifikation und sorgt dafür, dass Menschen sich daheim fühlen.
Wir wollen heute Abend auch über das Glück sprechen. Öffentliche Ausgaben dürfen sich nicht nur daran orientieren, was kurzfristig dem Wirtschaftswachstum nutzt, sondern daran, was für das Leben der Menschen wichtig ist. Musik hören, ein Bild betrachten, einen Film, ein Theaterstück ansehen, das bedeutet Abwechslung vom Automatismus des Alltags. Kunst ist kein Glückshormon, Kunst kann verstören und irritieren- die Beschäftigung mit Kunst und Kultur hilft uns, geistig und emotional in Bewegung zu bleiben. Wer sich einlässt auf Veränderung durch Kultur, wechselt die Perspektiven, erweitert seinen Horizont. Wer geistig in Bewegung bleibt, hat bessere Chancen aufs Glück als die, die im immer gleichen Trott verharren. Ein zentrales Thema für grüne Kulturpolitik ist die Frage, wie wir erreichen können, dass möglichst viele Menschen teilhaben können an Kultur. Ein Schlüssel zur Teilhabe ist die kulturelle Bildung. Deshalb ist für uns auch die Kulturstiftung des Bundes ein wichtiger Partner. Wir wollen, dass Kinder schon früh vielfältige Angebote bekommen, die sie neugierig machen aufs künstlerische Gestalten: Ein Bild malen, Musikinstrumente kennenlernen, Geschichten lesen und schreiben. Kulturelle Bildung darf keine Frage des Geldes sein. Durchs selbst gestalten – im Sport, in der Kunst und in der Musik – erlangen Menschen Selbstbewusstsein, sie entwickeln ihre Persönlichkeit, ihre Kreativität.

In meinem Wahlkreis Ingolstadt habe ich den finanziellen und ideellen Grundstein gelegt zur Gründung des Vereins Künstler an die Schulen e.V.. Vor kurzem habe ich mir wieder einige Aufführungen angeschaut. Besonders berührt hat mich die Tanzperformance von Maria Tietze und ihren Tanzpartnerinnen- den besonderen Kindern einer Tagesstätte für schwerstbehinderte. Maria und das Tanzen machen diese Kinder glücklich. Und genau darum geht es auch in der Kulturpolitik: Kunst, Musik und Tanz kann Menschen glücklich machen und motivieren. Mehr Teilhabe an Kultur – das umzusetzen ist eine große gesellschaftliche und politische Herausforderung. In diesem Zusammenhang gibt es vieles, das wir heute mit Ihnen gemeinsam diskutieren wollen. Wir sind uns sicher alle einig, dass kulturelle Infrastrukturen, Theater, Museen und Bibliotheken erhalten bleiben müssen. Dafür brauchts genügend Mittel- woher die kommen sollen für die „freiwillige Aufgabe Kultur“ in Zeiten von Sparzwängen, da gibt es von grüner Seite ein paar Ideen, über die wir uns gerne mit Ihnen austauschen wollen. Andererseits gibt es auch Kulturinstitutionen, denen der feudale Mief vergangener Jahrhunderte anhaftet, die nicht bereit sind, ihre Türen zu öffnen für neue Kunstrichtungen, für vielfältige gesellschaftliche Gruppen. Ich glaube, dass wir ein anderes Kulturverständnis brauchen, eines ohne Scheuklappen. Es geht darum, wie wir eine Öffnung der Institutionen erreichen können. Kulturinstitutionen der Zukunft sollen Kulturerlebnisorte für alle Bedürfnisse werden. Nicht nur exklusive Heimat einer künstlerischen Richtung.

Für unseren Kulturempfang haben wir eine ehemalige Kirche gewählt, bestimmt zum ersten Mal werden diese  sakralen Mauern heute die Volksmusik des fiktiven Staates Malwonien hören. An dieser Stelle ein herzliches Willkommen an die Musikerinnen und Musiker der Band ?Shmaltz!. Kultur kann Grenzen und Vorurteile überwinden und Menschen einander näher bringen. Dafür ist es notwendig, dass es Räume gibt zur Begegnung unterschiedlicher Kunstrichtungen, die ja wiederum unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen vereinen. Der Titel unserer Veranstaltung „Infrastrukturen des Glücks“ wirft noch eine andere Frage auf. Macht Kunst auch die glücklich, die Kunst schaffen?
Ich glaube, dass viele denken: Ein Künstler, der macht sein Hobby zum Beruf und wird dafür geliebt-was kann es schöneres geben? Aber Kunst kann nicht jeder, auch wenns Spaß macht -hinter jedem Kunstwerk steckt eine Leistung, oft jahrzehntelange harte Arbeit und ein kostspieliges Studium, und diese Leistung muss vergütet werden. Für viele Künstlerinnen und Künstler gehört die öffentliche Reflektion ihrer Werke durch ein Publikum zum Schaffensprozess.
Bevor sie ihre Werke nicht der Öffentlichkeit zeigen können, nehmen sie lieber weniger oder gar kein Geld dafür. Die Selbstausbeutung unter Künstlern ist weit verbreitet. Aber vom Applaus allein wird niemand satt. Wir alle hier kennen die alarmierenden Zahlen: Die durchschnittliche Rentenerwartung von Künstlerinnen und Künstlern liegt bei 420 EUR. Rund 12 T EUR beträgt das Durchschnittseinkommen von selbstständigen Künstlerinnen und Künstlern bei der KSK. Altersarmut und Zukunftsängste sind vorprogrammiert. Künstlerinnen gehören zur kinderärmsten Berufsgruppe in Deutschland (ich bin gerade dabei, den Durchschnitt zu erhöhen!). Deshalb ist für die grüne Kulturpolitik die Verbesserung der sozialen und wirtschaftliche Lage von Künstlerinnen und Künstlern ein zentrales Anliegen. Wir haben zahlreiche Vorschläge entwickelt und Initiativen eingebracht. Für eine Reform des ALG-I-Bezuges, eine Reform des Krankengeldbezuges, eine Initiative für eine Ausstellungszahlung im nicht-kommerziellen Raum, für die Gleichstellung von Frauen im Kulturbetrieb u.v.m.- auch darüber soll heute diskutiert werden. Es geht uns heute Abend also nicht nur darum, bei gutem Essen nett zusammen zu sitzen, sondern auch um einen konstruktiven und inspirierenden Austausch.
Wir sind angewiesen auf Ihre Impulse, auf Ihre Anregungen an die Politik und auf Ihr Feedback zu unseren kulturpolitischen Vorschlägen.

Zu diesem Zweck sieht das Veranstaltungsformat folgendermaßen aus: Wir haben 20 Thementische, an denen Sie 20 grüne Politikerinnen und Politiker erwarten. An jedem der 20 Tische geht es um andere Themenfelder, wobei die inhaltlichen Vorgaben jeweils sehr weit gegriffen sind, Sie haben also auf jeden Fall an jedem Tisch Gelegenheit, das, was Ihnen besonders wichtig ist, anzusprechen.  Sobald das Nachspeisen-Buffet eröffnet ist, sind die Diskussionen an den Thementischen beendet. Eine detailliertere Vorstellung der Thementische und Ihrer jeweiligen Gastgeberinnen und Gastgeber folgt gleich im Anschluss. Jetzt möchte ich zuerst das Wort geben an unseren Fraktionsvorsitzenden mit großem Herz für die Kultur – Jürgen Trittin.

Ein Kurzvideo über den Abend finden Sie hier

Einen Pressebeitrag des ZWD über den Empfang finden Sie hier

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